Im Interview: Hersteller von Air-Q zum Thema Raumluft

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Seit der Corona-Pandemie wird dem Thema Raumluft bzw. der Luftqualität viel Beachtung geschenkt. Themen wie das regelmäßige Lüften und eine Belastung der Luft durch Aerosole sind in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt. Dabei ist die Luftqualität in Räumen auch abseits dieses Blickwinkels eine nicht zu verachtende Größe mit teils enormen Einfluss auf unserer Gesundheit und die Leistungsfähigkeit. Zu diesem Thema konnte ich Mario Körösi den Geschäftsführer der Cornat GmbH interviewen. Die Corant GmbH beschäftigt sich schon seit längerer Zeit mit dem Thema Luftqualität. Mit dem Air-Q verfügt die Firma über ein eigens entwickeltes Messgerät, dass aktuell bis zu 14 verschiedene „Luftwerte“ erfassen kann. Aus welchem Grund eine Überwachung bzw. Kontrolle der Luftqualität wichtig ist und welchen Einfluss die Raumluft auf unsere Gesundheit und Leistungsfähigkeit hat erfahren Sie im Text des Interviews:


Hier finden Sie das Interview

Dieses ist zur besseren Lesbarkeit in Abschnitte gegliedert.


Hallo Herr Körösi, vielen Dank sie sich Zeit für das Interview nehmen das freut mich. Vielleicht wollen sie sich am Anfang mal vorstellen und was Ihre Firma  so macht und wie das zum heutigen Thema Überwachung der Raumluft eigentlich passt. 

Genau. Mein Name ist Mario Körösi ich bin Mitgründer und Geschäftsführer der Corant GmbH. Wir haben uns vor mittlerweile drei Jahren den Air-Q ausgedacht, bzw. erfunden. Die grundlegende Idee – ist die von meinem Kollegen Daniel Lehmann der im Kern der Erfinder des ganzen ist. Entstanden ist das ganze auf einer Party. Die Leute wurden zunehmend müde und abgeschlagen. Aber, dass die Raumluft schlecht ist hat man nur wahrgenommen wenn man von draußen rein kam. Es gab also keinen Alarm bzw. Hinweis darauf. Zwar gab es schon einige Sensoren am Markt, aber keine die seinen hohen Ansprüchen als promoviertem Physiker genügt hätten. So hat er sich dann an die Arbeit gemacht und einen Prototypen entworfen.

Prototyp des Air-Q

Nach gut zwei Jahren Vorarbeit und Entwicklungszeit ist der Sensor nun seit April/Mai 2020 im Handel erhältlich. Wir haben jetzt das Glück, dass der Sensor großen Anklang findet. Natürlich auch leider aufgrund der aktuellen Situation bedingt durch die Pandemie.


Warum das Überwachen der Raumluft wichtig ist


Warum sollten wir denn die Luft im Innenraum überhaupt messen bzw. überwachen?

Nun zum einen weil wir uns die meiste Zeit, also so 80 bis 90% im Innenraum aufhalten. Summieren wir hier nur einmal die Zeiten für Schlafen und Arbeiten zusammen kommen wir bereits auf ca. 16 Stunden. Das betrifft heutzutage leider die meisten Menschen. Es ist also nicht die Luft außen – die ja auch von Messtationen öffentlicher Behörden wie dem Umweltbundesamt gemessen wird – welche wir atmen, sondern die Luft in Innenräumen. Und diese Luft wird durch viele verschiedene Dinge beeinflusst. Dazu zählen Einrichtungsgegenstände wie Möbel, aber auch Fußböden, Wandfarben, die Art der Wand. Auch das Lüftungsverhalten und schlussendlich auch die Anzahl der Menschen im Raum. Ob dort gegessen und getrunken wird und vieles mehr. Auch weitere Dinge wie Reinigungsmittel oder Desinfektionsmittel, ja auch der Laserdrucker sorgen für eine Belastung der Raumluft. Und diese Belastung ist immer individuell. Hier gibt es schon Unterschiede zwischen Schlaf- und Wohnzimmer. Und deswegen lohnt sich eine Überwachung, um die eigene individuelle Belastung herauszufinden – ja die Ursachen dafür ermitteln zu können. Denn hier greift: Der stete Tropfen höhlt den Stein. Auch kleine Belastungen, die über Jahre oder Jahrzehnte auf einen Einwirken haben schlussendlich einen Einfluss auf die Gesundheit des Menschen. Wenn man sich dessen nicht bewusst ist, oder nicht weiß welche Belastung vorliegt, dann kann man aber auch der Ursache nicht auf den Grund gehen und diese nach Möglichkeit abstellen. Und deswegen ist Luftüberwachung im Innenraum so wichtig.

Ich formuliere es einmal so: Luft ist unser wichtigstes Lebensmittel. Und das stimmt ja auch. Wir kommen ja nicht mal zwei Minuten ohne Luft aus – das ist natürlich extrem überspitzt aber es ist doch etwa das jeder von uns die ganze Zeit konsumiert. Beim Essen gibt es eben eine Inhaltsstoffe-Liste und jeder kann genau schauen was er isst. So kann man auch sagen: ich möchte diese Nahrungsmittel nicht weil da etwas drin ist was ich nicht konsumieren möchte. Und bei der Luft ist das nicht so, da gibt es keine Beipackzettel für die Luft. Daher ist es zunächst einmal wichtig die Luft zu analysieren, damit man Gefahren frühzeitig erkennt.

Würden Sie denn sagen, dass dem Thema Raumluft bzw. Luftqualität in Innenräumen bereits genug Aufmerksamkeit geschenkt wird? Oder ist dies gerade, auch insbesondere im Zuge der Corona-Pandemie in den Vordergrund gerückt?

Da muss ich zugeben das hilft dem Thema schon. Wir haben ja lange vor der Corona-Pandemie mit dem Thema Raumluftmessung angefangen und nun werden viele Dinge beiläufig erklärt. Im Zentrum ist hier sicher das Thema CO2 und Aerosole allgemein. Wobei Aerosole ein riesen Begriff mit sehr vielen Facetten ist, und in diesen Bereich viele Stoffe fallen. Es ist schon so, das es aktuell mehr in den Vordergrund rückt. Aber wir haben selber auch schon Messungen eben schon lange vor der Corona-Pandemie in Schulen gemacht. Schulen, das weiß man vielleicht noch aus der eigenen Schulzeit, da sind viele Menschen in einem kleinen Raum. Betrachten wir jetzt einmal nur CO2. Eine Person die in einem 20m² großen Raum eine Stunde lang atmet erreicht ein CO2 Level von ca. 1000ppm. Das ist ein Level wo es Studien zu gibt die sagen, dass bereits hier negative Effekte auf Konzentration und geistige Leistungsfähigkeit nachweisbar sind. Übertragen wir dieses Beispiel auf die Schule dann kann man sich ja ausrechnen was bei mehreren Menschen in einem Raum nach 20 Minuten los ist. Hier ist dann die Leistungsbeschränkung so groß, dass die Schüler gähnend auf der Bank liegen – überspitzt formuliert zwar – aber Sie sehen worauf ich hinauswill. Neben der Gesundheit hat die Luftqualität also einen entscheidenden Einfluss auch auf unsere Leistungsfähigkeit. Und daher finde ich das ganz schön, dass das Thema im Huckepack der Pandemie ein Thema ist und hoffentlich wenn das überstanden ist dann noch in den Köpfen ist. Das werden wir dann sehen.  

Jetzt haben Sie das Thema Schule angesprochen. Aber daneben ist ja aktuell auch das Thema Homeoffice bzw. Home Schooling eine Thematik welche aktuell im Fokus steht. Wie sieht es denn hier bzgl. der Luftqualität aus – wenn ich mich also den Tag über zuhause in meinem Büro, oder am Küchentisch aufhalte?

Nun zuhause ist ja oft ein Raum auch nicht größer als die bereits erwähnten 20m². Das heißt in der Küche oder anderswo daheim erreicht man eben nach zwei Stunden ein Niveau das so hoch ist, dass man lüften sollte. Man wird ja selber nicht krank vom CO2 das man ausatmet, das darf man ja nicht vergessen. Wenn man dann einen Virus ausatmet, dann kommt er ja eher von einem selber. Im Homeoffice spielt CO2 für den Leistungsaspekt auf jeden Fall eine Rolle. Und hier spielt das Thema Feinstaub auf jeden Fall noch eine Rolle. Als Beispiel sei hier der Laserdrucker genannt. Gerade wenn man diesen eventuell noch neben sich stehen hat. Also als normaler Angestellter hat man ja nun oft kein separates Arbeitszimmer. Im schlimmsten Fall steht der Laserdrucker sogar im Schlafzimmer. Davor kann ich nur warnen. Das ist komplett ungesund. Ein Laserdrucker gehört, wenn nicht speziell geprüft und mit speziellen Filtern ausgestattet, in ein getrenntes Zimmer in dem man nicht arbeitet.

Luftmessung im Home Office

Einfluss der Luftqualität auf Gesundheit und Leistungsfähigkeit


Jetzt haben wir viel über CO2 und auch in Teilen über Aerosole und Feinstaub gesprochen. Was sind denn daneben noch weitere Größen die einen Effekt auf die Qualität der Raumluft haben?

Ich fange vielleicht mit den gesundheitlich relevanten Sachen an. Das ist sicherlich das Thema Feinstaub. Das ist etwas das eben durch die Pandemie ein bisschen aus den Medien raus ist – das ist eines der Grundprobleme in Bezug auf die Luftqualität – deshalb erwähne ich das hier nochmals explizit. Feinstaub ist durch unsere Industrie eigentlich permanent in der Luft vorhanden. Daneben ist natürlich auch Verkehr in diesem Zusammenhang zu nennen. Feinstaub kommt also von draußen herein, beim Lüften. Er kann aber auch im Inneren entstehen. Das Beispiel Laserdrucker sei noch einmal erwähnt. Feinstaub ist langfristig schädlich. Das belegen auch viele Studien. Kurzfristig hat er eigentlich keinen Effekt. Aber langfristig führt er letztendlich zu frühen Toden. Die Leute bekommen Herz-Kreislauf Erkrankungen.

Ja und dann wäre da eben das schon genannte CO2. CO2 ist weitestgehend geruchslos. Man merkt es dann eher an Einschränkungen. Erstens ist man 20 bis 40% langsamer ist, macht entsprechend mehr Fehler. Und das zweite ist eben, das CO2 ein Indikator dafür ist, dass ein Raum möglicherweise mit Keimen belastet ist die von Menschen kommen. Stichwort Aerosole. Da Menschen letztlich die einzige Quelle sind die nun einmal CO2 emittieren, also neben Tieren aber die Mengen die da abgegeben werden sind ja extrem klein. Eine hohe CO2 Belastung steht also stellvertretend, nicht zwingend, aber es ist eben potentiell eine Virenbelastung in der Luft vorhanden. Auf die aktuelle Situation bezogen, also das Corona-Virus, heißt hohe CO2 Belastung: da haben schon viele Menschen geatmet, oder lang genug geatmet, dass dort sich die Viren behafteten Aerosole im Raum verteilen. Deswegen heißt es dann an der Stelle: Fenster auf – CO2 raus. Das heißt dann auch: Aerosole raus – und Fenster wieder zu. 

Um eine weitere Größe zu nennen: Das Thema Stickstoffdioxid.Das ist etwas da sollte jeder Allergiker hellhörig werden. Stickstoffdioxid steht unter dem dringenden Verdacht Allergien zu verstärken und Allergien sogar hervorzurufen. Um es etwas auszuführen: Pollen sind an sich ja nichts schädliches. Das ist ja eigentlich ein Naturstoff, der Körper sollte darauf eigentlich gar nicht reagieren. Das dumme ist aber, dass das Immunsystem an irgend einer stelle ausflippt und meint Pollen wären schädlich. Das lernt es irgendwo, fälschlicherweise. Und Stickstoffdioxid steht unter Verdacht, genau das hervorzurufen. Also atmen man quasi Stickstoffdioxid in Verbindung mit Pollen ein, ist ein bisschen wie in einer Lotterie. Es kann dann eben sein, dass gerade diese Pollen an einem Stickstoffdioxidmolekül haften. Wenn das Immunsystem dann meint, die Reizung hat stattgefunden weil eben der eindringende Pollen daran Schuld ist, obwohl das Stickstoffdioxid die Reizung ausgelöst hat, dann wird der Pollen sofort bekämpft. Ab dem Zeitpunkt ist man dann Allergiker auf diese Art von Pollen. Und das geht auch nie wieder weg. Es ist dann nicht in Zukunft damit getan Stickstoffdioxid zu meiden. Sondern die Allergie ist dann unumkehrbar plötzlich – auf Dauer – ein Leben lang da. Und dann kommen auch noch so schlimmere Sachen wie Asthma dazu. Das sind alles dann Folgestufen von Allergien.

Schlechte Raumluft kann Allergien verursachen bzw. verstärken

Luftfeuchtigkeit der „Hidden Champion“


Die Luftqualität kann also sprichwörtlich das Leben verändern. Gibt es denn neben den soeben genannten Größen weitere Bestandteile oder Messwerte bzgl. der Luft die einen essentiellen Einfluss auf unsere Gesundheit haben?

Etwas was meistens unterschätzt wird ist das Thema Luftfeuchtigkeit. Die Luftfeuchtigkeit ist quasi ein „Hidden Champion“. Es ist nicht ganz leicht die Luftfeuchtigkeit nachhaltig zu verfolgen. Dabei geht es nicht um einen einmaligen Wert, also ist die Feuchtigkeit der Luft jetzt hoch oder niedrig, sondern vielmehr um den Verlauf – also darum zu verstehen wann geht die Luftfeuchtigkeit hoch und wann runter, und wie kann ich da gegensteuern. Das ist nicht zuletzt aus gesundheitlicher Sicht entscheidend. Ist die Luftfeuchte zu niedrig wird man schneller krank. Dadurch, dass die Atemwege ausgetrocknet sind, bleiben dann dort schneller die Keime haften. Die Empfänglichkeit für Erkältungskrankheiten steigt. Auf der anderen Seite: Wenn die Luftfeuchtigkeit zu hoch ist, dann steigt das Risiko für Schimmel. Es geht also darum ein gesundes Mittelmaß zu finden.

Dabei geht es aber nicht darum immer dem Optimum hinterherzujagen. Vielmehr soll ein gesunder Umgang mit dem Thema Luftfeuchtigkeit gefunden werden. Die Luftfeuchtigkeit ist aber auch deshalb ein „Hidden Champion“ weil sich an ihr vieles indirekt ablesen lässt. Dabei geht es wie bereits erwähnt um eine systematisch erhöhte Luftfeuchte bspw.. Also nicht die einzelnen Werte sind in der Betrachtung relevant sondern die gesamte Kurve als solche. Wenn sich hier das Level insgesamt ändert – dann kann das ein Indikator sein für, bspw. einen Rohrbruch. So kann – bspw. mit unserem Sensor – eine Art Frühwarnsystem etabliert werden. So ließen sich eventuelle Schäden schon abwenden bevor diese eintreten.

Beeinflussen kann man die Luftfeuchtigkeit auf verschiedene Wege. Pflanzen etwa haben einen ganz erheblichen Einfluss auf die Luftfeuchte. Also man kann da mit kleinen Dingen vorsorgen. Es einfach etwas lebenswerter, etwas schöner und am Ende auch gesünder. Natürlich kann auch auf Elektronik zurückgegriffen werden. Etwa Luftbefeuchter bzw. Entfeuchter. Aber Elektronik ist immer die Spitze des Eisberges. Wenn man Einfluss auf die Baustoffe des Hauses bspw. hat und auf die Einrichtungsgegenstände sollte man das nutzen. Sonst wird man am Ende immer gegen die diese schlechten Einrichtungsgegenstände oder die Bausubstanz ankämpfen müssen. 


Grenzwerte und ihre Grenzen


Durch die mediale Diskussion um das Thema Feinstaub sind Grenzwerte in den Fokus gerückt – und auch Streitpunkt. Wie sieht dies denn für die Bestandteile der Luft in Innenräumen aus? Gibt es hier ebenfalls gesetzliche Vorgaben die zu beachten sind?

Naja, das Problem bei Grenzwerten ist, dass diese sehr undurchsichtig sind. Es gibt Grenzwerte, das sind maximale Grenzwerte, die sind oft sehr hoch. Damit ist festgelegt, dass diese nicht einmal eine Minute lang eingeatmet werden dürfen – weil sie etwa unmittelbar zum Erstickungstod führen. Das ist beispielsweise Kohlenmonoxid. Da ist dann schon eine kurze Zeit in der ein Grenzwert überschnitten wird gefährlich. Beim Feinstaub oder auch Stickstoffdioxid ist es völlig anders. Da hat man Grenzwerte, die einen Jahresmittelwert haben. Das ist der Wert wenn man quasi ein ganzes Jahr lang 24 Stunden am Tag misst – und das 365 Tage lang – und dann den Durchschnitt daraus berechnet. Aber das ist erstmals überhaupt nicht praktikabel und zieht auch die Ernsthaftigkeit von diesem Wert ein bisschen ins lächerliche – weil es nicht einfach prüfbar ist. Dann gibt es diesen Grenzwert von verschiedenen Behörden. Vom Umweltbundesamt gibt es andere als von der WHO. Und dann gibt es beim Feinstaub auch noch Monatsgrenzwerte und Tagesgrenzwerte. Trotzdem ist die Frage: Man hat jetzt einen Grenzwert. Das ist halt juristisch in dem Moment von keiner Bedeutung. Denn bei einem Zuhause verklagt einen ja keiner weil ein Grenzwert zu hoch ist. Aber es geht ja auch zunächst nicht um das juristische. Für sich selber ist die Entscheidung immer sehr schwierig. Reagiert man schon bei 40 µg/m³ Feinstaub, oder reagiert man erst bei 100 µg/m³ und macht dann was dagegen? Es gibt aber eben Studien die besagen, egal wie klein die Dosis ist, dass sie nicht gut ist. Und ich kann auch noch sagen, dass es wichtig ist die Quelle herauszufinden.  Das kann was ganz einfaches sein, dass der Feinstaub etwa von draußen eindringt, in der Rush-Hour. Dann weiß man eigentlich, dass man in der Zeit die Fenster zumachen sollte. Weil wie gesagt der stete Tropfen höhlt hier den Stein und verursacht letztlich die Herz-Kreislauferkrankung. Da sollte man eben nicht 10 Jahre lang abwarten, auch wenn man den Grenzwert nicht überschreitet. Ich würde das für mich nicht akzeptieren und ich würde es auch keinem empfehlen, nur weil irgendjemand gesagt hat, dass dies der Jahresgrenzwert ist. Das ist eine rein juristische Größe. Es ist ja auch nicht so, dass man bei 39 µg/m³ nicht krank wird, und bei 41 µg/m³ wird man plötzlich krank. So ist es ja nicht. Das entspricht ja nicht der Realität sondern das ist ein Kontinuum und Null ist das Beste. Null ist aber in der Regel schwer bis gar nicht erreichbar. Aber die Quellen die man für sich aufdeckt, die sollte man versuchen auszuschalten, sofern sie auszuschalten sind. Es geht nie darum die Belastung dauerhaft auf Null zu fahren. Es geht immer darum diese möglichst nah an Null zu bringen. Und Spitzen sind ja nie ein Problem. Das Räuchermännchen zu Weihnachten wird einen ja nicht umbringen. Wenn man das allerdings 365 Tage im Jahr laufen lassen würde, dann schon. 


Baustoffe und Inneneinrichtung als Grundfaktoren des Raumklimas


Neben den Grenzwerten hatten Sie vorhin einmal das Thema Baustoffe und Inneneinrichtung angerissen. Können Sie dazu eventuell noch einmal genaueres sagen? – insbesondere in Bezug auf die Effekte welche sich daraus für die Luftqualität bzw. das Raumklima ergeben.

Das ist ein Thema da kann man viel zu lernen. Es ist eben möglich eine bewusste Auswahl zu treffen, etwa wenn man anfängt ein Haus zu bauen. Sofern man Einfluss darauf nehmen kann, sollte man schauen, dass man prüft welche Materialien verbaut werden.. Zumindest aber welche Art von Wandfarben verwendet werden. Denn diese haben einen erheblichen Einfluss auf die Regulierung des Klimas im Raum.  Da spielt das Thema Luftfeuchtigkeit eine Rolle, und es spielt auch das Thema Temperatur eine große Rolle. Es gibt bei der Temperatur die Unterscheidung zwischen Lufttemperatur und es gibt die Raumtemperatur. Das erste ist nur die Temperatur der Luft, und das zweite addiert auch noch die Infrarottemperatur dazu, also das Abstrahlverhalten letztendlich von den Wänden, das enormen Einfluss hat auf das Wohlempfinden. Die Lufttemperatur ist gar nicht da entscheidenden, sondern es ist eigentlich die Raumtemperatur. Wenn man eine geringe Lufttemperatur hat, aber eine hohe Strahlungstemperatur, dann fühlt man sich trotzdem wohl. Und anders herum fühlt man sich trotzdem unwohl. Das ist ein Beispiel, da kann man mit einfach Mitteln Einfluss drauf nehmen.

Pflanzen haben zwar einen geringen Effekt auf CO2 im Raum. Das ist kaum messbar. Da müsste man schon einen Tschungle im Raum haben, damit dort ein Effekt da ist. Worauf sie aber einen Einfluss haben ist die Luftfeuchtigkeit, und dieser ist erheblich. Ich hatte ja schon gesagt, dass bei schlechter Bausubstanz und Einrichtungsgegenständen eine Änderung des Raumklimas bzw. der Luftqualität immer ein Kampf gegen diese beiden Größen ist. Und der lässt sich eben einfach vermeiden, wenn man von Anfang an bei der Auswahl im Kern darauf achtet. Ein Beispiel wäre etwa Lehm. Lehmwände haben eine extrem gute Feuchteregulierung und Temperaturregulierung. Die nehmen extrem viel Feuchte auf wenn es feucht ist und geben diese aber auch wieder ab. Sie halten die Luftfeuchte damit immer zwischen diesen optimalen 40% und 60%. Wir arbeiten da gerade mit Stuckateuren zusammen. Die kümmern sich um das Thema Raumklima. Das ist Teil des Berufsbildes. Die setzen unsere Geräte dann ein um Verläufe dann auch mal aufzuzeichnen und Kunden zu zeigen was diverse Baustoffe für Einfluss haben. Die Stuckateure haben Testwohnungen bzw. Testräume und können damit einfach zeigen was für Effekte dann bestimmte Baustoffe wie Lehm oder auch Wandfarben haben.


Die Zukunft der Luftanalyse


Welchen Beitrag liefert denn nun Ihr Sensor in diesem ganzen Themenfeld. Sie hatten ja auch benannt, dass es weniger auf einmalige Werte ankommt, sondern vielmehr der Verlauf der Belastungen das entscheidende ist. Können sie dazu noch etwas sagen?

Nun ich hatte vorhin ja schon das Wort Beipackzettel genannt. Daran möchte ich anknüpfen. Das ist eben das was wir liefern – wir haben im Prinzip einen Beipackzettel für die Luft, damit man Gefahren frühzeitig erkennt. Und was wir bei uns selber aber auch bei den Kunden beobachten ist, dass dadurch eine langfristige Verhaltensänderung einsetzt. Wenn man sich der Belastungen und deren Ursachen bewusst wird, kann man eben entsprechend handeln. Man kennt plötzlich Themen die immer wieder auftreten und kann dann auch einfach dagegen steuern. Das Messgerät unterstützt natürlich und erkennt frühzeitig Probleme die es vielleicht vorher noch gar nicht gab – im Bewusstsein, also der eigenen Wahrnehmung. Zum Beispiel – daran arbeiten wir – das man letztlich auch Schimmel, was dann irgendwann entsteht wenn die Luftfeuchtigkeit dauerhaft erhöht ist,  frühzeitig erkennt mit dem Sensor. Weil man es nicht riechen und nicht sehen kann – nicht sofort zumindest. Unser Sensor ist also eine Art Frühwarnsystem. Das ist eigentlich Grad der Punkt. Man hat ein Frühwarnsystem mit einem Luftsensor – der Dinge erkennt welche die Nase nicht erkennt weil sie einfach nicht fein genug ist.

Unser Sensor misst sofort nach dem Einstecken los, zeichnet die Daten auf, ist ein Datenlogger. Die Daten werden in zweiminütigen Abstand aufgezeichnet. Man kann sich dann mit der Smartphone App auf das Gerät einloggen, auf den Hotspot von dem Gerät, und sich die Verläufe vom Tag anschauen. Oder Echtzeitdaten wenn man mag. Diese sind dann wirklich sekündlich, also wenn man live drauf schaut hat man sekündliche Daten.

Wir reichern den Air-Q zusätzlich durch virtuelle Sensoren an. Die Air-Q messen zwischen fünf und 14 harte Werte, die über Hardware, also feste Bauteile gemessen werden. Und hinzukommen noch virtuelle Sensoren. Ein virtueller Sensor ist zum Beispiel die absolute Luftfeuchte. Und der Taupunkt. Abgeleitet werden diese virtuellen Sensoren von realen Sensoren. Die absolute Luftfeuchte bspw. von der relativen Luftfeuchte und Temperatur. Daraus kann man dann andere Größen ausrechnen. Dafür gibt es eine ganz einfach mathematische Formel. Und da kann man dann zum Beispiel den Taupunkt verfolgen: Wo hat der Taupunkt die aktuelle vorliegende Temperatur berührt oder ist da zu nahe gekommen. In dem Fall würde es bedeuten, hier besteht Kondensaktionsgefahr und letztlich auch eine Schimmelgefahr. Man kann einfach rückwirkend sich die Diagramme anzeigen lassen und das analysiere.

Richtig schön wird es wenn man das Gerät in das eigene WLAN einbindet. Über die Smartphone-App kann man dem Air-Q das WLAN-Passwort des Routers mitgeben. Dann kann man von überall über die Smartphone-App auf die eigenen Daten zugreifen. Ob man Zuhause ist, oder im Büro oder im Urlaub. Man bekommt dann auch Warnungen aufs Handy.

Uns beschäftigt jetzt gerade noch das Thema Smarthome. Was für Anwendungsmöglichkeiten gibt es da eigentlich, welche Aktorik gibt es da eigentlich. Also wenn der Air-Q einen hohen Wert misst, von was auch immer, was soll denn dann passieren? Das einfachste hab ich schon genannt: es soll einfach eine Nachricht abgesetzt werden. Aber vielleicht soll ja auch irgend eine Art Reiniger angestellt werden. Der Luftreiniger springt dann an, oder die automatische Fensteröffnung geht dann an. Das ist noch ein bisschen Zukunftsmusik. Da entwickeln wir gerade noch an der Software.

Wir haben viele Messwerte. Wir merken schon, dass der normale Nutzer, ich will nicht sagen überfordert wird, aber man wird halt „bombardiert“ mit Informationen. Und davon die richtigen herauszufinden, obwohl wir da viele Erklärtexte haben – und auch unseren virtuellen Gesundheitsberater – ist nicht immer einfach. Aber es kann auch sein, dass man immer den falschen Zeitraum betrachtet. Viel besser ist es ein System zu integrieren was automatisch sagt: „Achtung, ich hab hier jetzt einen Monat lang gemessen. Es scheint so das hier jeden Tag zwischen 17 und 18 Uhr ein Wert ansteigt. Was könnte das sein lieber Kunde? “ Es könnte sein das dann immer das Fenster auf ist, oder das immer eine Kerze brennt. Dann kann man entsprechend auf den Hinweis reagieren. Letztlich bewirkt das Gerät dann eine Verhaltensveränderung – was auch immer das bedeutet.  

Air-Q mit Smartphone

Vielen Dank Herr Körösi für die Zeit die Sie sich für das Interview genommen haben und für die interessanten Einblicke zum Thema Luftqualität.

Sehr gerne. Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Interesse.


Das Interview wurde am 19.02.2021 geführt und aufgezeichnet.

Weitere Artikel zum Thema Luftqualität und Co finden Sie im Blog von Air-Q.

Quellen:

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